Seminar-Freistellungen

für Betriebs-u. Personalräte sowie MAV'en
02.07.2016

Mitglieder von Betriebs- und Personalräten haben zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansprüche auf bezahlte Freistellung zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen.

Freistellung nach § 37 Abs. 6 BetrVG / § 46 Abs. 6 BPersVG
Freistellung nach § 37 Abs. 7 BetrVG / § 46 Abs. 7 BPersVG

 

  • Nach § 37 (6) BetrVG/§ 46 (6) BPersVG

    Freistellung nach § 37 Abs.6 BetrVG/§ 46 Abs. 6 BPersVG bzw. der LPersVG’s

    Nach § 37 (6) BetrVG/§ 46 (6) BPersVG bzw. den vgl. Normen der LPersVG besteht ein zeitlich unbegrenzter Anspruch auf Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die erforderliche Kenntnisse vermitteln. (Ausnahmen: begrenzter Anspruch in den LPersVG von Bayern, Mecklenburg- Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein).

    Hier trägt der Arbeitgeber alle Kosten: Seminarkosten, Kosten für Unterbringung und Verpflegung, Reisekosten sowie die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes. Erforderlichkeit: Der Betriebsoder Personalrat entscheidet, ob die Teilnahme eines BR-/PR-Mitglieds oder mehrerer BR-/PRMitglieder an einem Seminar für die Arbeit des Gremiums erforderlich ist.

    Seminare, die Grundkenntnisse auf den Gebieten der Betriebsverfassung, der Personalvertretung, des Arbeits- und Arbeitsschutzrechts sowie der Arbeitssicherheit vermitteln, sind grundsätzlich erforderlich. Ebenso sind Seminare mit vertiefenden Kenntnissen oder Spezialwissen erforderlich, wenn diese einen konkreten Bezug zu den Aufgaben der Interessenvertretungen haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt für Betriebsräte die Erforderlichkeit dann vor, wenn die Kenntnisse unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Für die Frage der Erforderlichkeit kommt es ggf. auch darauf an, welche Aufgaben ein Mitglied innerhalb des Gremiums wahrzunehmen hat. Es kann sich dabei sowohl um Grundkenntnisse als auch um sogenannte Spezialkenntnisse handeln, wie z. B. wirtschaftliche, tarifliche oder technische Kenntnisse.

     

  • Ersatzmitglieder des Betriebs- oder Personalrats

    Ersatzmitglieder, die häufig oder regelmäßig verhinderte Betriebsrats- oder Personalratsmitglieder vertreten, haben grundsätzlich einen Anspruch auf Schulungsmaßnahmen nach § 37 (6) BetrVG bzw. § 46 (6) BPersVG. Das dargestellte Verfahren ist das Gleiche.

    Landespersonalvertretungsgesetze (LPersVG)

    In den Landespersonalvertretungsgesetzen gibt es dem BPersVG vergleichbare Regelungen. Bitte ggf. bei den zuständigen ver.di-Bezirken oder dem für den Betrieb zuständigen ver.di- Fachbereich nachfragen.

    Beschluss

    Der Betriebs- oder Personalrat entscheidet in einer Sitzung per Beschluss, für welches bzw. wie viele Mitglieder des Gremiums Schulungsmaßnahmen erforderlich sind. Zu der Sitzung lädt er ordnungsgemäß d. h. rechtzeitig mit Tagesordnung und entsprechend konkretem Tagesordnungspunkt (wer soll wann entsandt werden) ein.

    Der Beschluss ist dem Arbeitgeber bzw. der Dienststelle mitzuteilen. Hinsichtlich der zeitlichen Lage der Schulungsmaßnahme muss der Betriebs- oder Personalrat betriebliche Notwendigkeiten berücksichtigen. Es empfiehlt sich daher eine frühzeitige Planung von Schulungsmaßnahmen, damit innerbetriebliche Planungen der Teilnahme nicht entgegenstehen.

    Neben dem Entsendungsbeschluss des Personalrats bedarf es für das Personalratsmitglied noch einer Freistellung durch die Dienststelle.

     

  • Freistellung nach § 37 Abs. 7 BetrVG/§ 46 Abs. 7 BPersVG bzw. der LPersVG’s

    Freistellung nach § 37 Abs. 7 BetrVG/§ 46 Abs. 7 BPersVG bzw. der LPersVG’s

    Nach § 37 (7) BetrVG/§ 46 (7) BPersVG bzw. den vgl. Normen der LPersVG besteht ein zeitlich begrenzter Anspruch auf Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die anerkannt geeignete Kenntnisse vermitteln. Hier übernimmt der Arbeitgeber nur die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes.

    Die Ansprüche auf der Grundlage von § 37 (7) BetrVG und § 46 (7) BPersVG bzw. den vgl. Normen der LPersVG sind zusätzliche, individuelle Bildungsansprüche der einzelnen Mitglieder in einem Betriebs- oder Personalrat. Hierbei kommt es nicht auf die Erforderlichkeit oder den konkreten Wissensstand des/der Einzelnen an, sondern nur darauf, dass die Veranstaltung als geeignet anerkannt worden ist. Bei der Beschlussfassung sind lediglich die betrieblichen Notwendigkeiten hinsichtlich der zeitlichen Lage der Schulungsmaßnahme zu berücksichtigen.

    Über die Eignung entscheiden weder der Betriebs- oder Personalrat noch der Arbeitgeber. Dies ist Sache der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes bzw. der Bundeszentrale für politische Bildung für Veranstaltungen nach § 46 (7) BPersVG. Maßgebend ist allein, ob die staatliche Anerkennung vorliegt oder im Einzelfall zu erwarten ist. Die Anträge auf Anerkennung für die Veranstaltungen dieses Programms werden von ver.di oder ihren Bildungsträgern gestellt.

     

    Landespersonalvertretungsgesetze (LPersVG)

    In den Landespersonalvertretungsgesetzen gibt es dem BPersVG vergleichbare Regelungen. Bitte ggf. bei den zuständigen ver.di-Bezirken oder dem für den Betrieb zuständigen ver.di- Fachbereich nachfragen.

     

    Beschluss

    Obwohl der Anspruch nach § 37 (7) ein „Individualrecht“ des einzelnen Betriebsratsmitgliedes ist, muss der Betriebsrat, wie auch bei den Seminaren nach § 37 (6) BetrVG innerhalb einer Sitzung in einem eigenen Tagesordnungspunkt einen Beschluss fassen. Ebenso muss dem Arbeitgeber mitgeteilt werden, wer auf welcher Rechtsgrundlage an welcher Maßnahme teilnehmen wird, wann und wo das Seminar stattfindet und welche Themen im Seminar behandelt werden. Der Betriebsrat hat bei seiner Beschlussfassung nur die zeitliche Lage und die damit zusammenhängenden betrieblichen Belange zu prüfen.

    Personalratsmitglieder brauchen keinen Entsendungsbeschluss, der Freistellungsantrag sollte aber unbedingt mit dem Personalrat abgesprochen werden. Über den Antrag auf Freistellung des betroffenen Personalratsmitgliedes entscheidet die zuständige Dienststelle.

    Erstmals gewählte Betriebs- oder Personalratsmitglieder haben einen Freistellungsanspruch von vier Wochen, ansonsten reduziert sich der Anspruch auf drei Wochen innerhalb einer Wahlperiode.

     

     

     

  • Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)

    Den Beschluss über die Entsendung eines JAV-Mitglieds zu einem erforderlichen Seminar muss der Betriebs- oder Personalrat gem. § 37 (6) i.V.m. § 65 (1) BetrVG oder § 46 (6) i.V.m. § 62 BPersVG fassen. Auch für geeignete Seminare gilt das vorher beschriebene Verfahren für BRund PR-Mitglieder bei § 37 (7) BetrVG bzw. § 46 (7) BPersVG i.V.m. § 65 (1) BetrVG bzw. § 62 BPersVG.

     

  • Mitglieder von Wahlvorständen für die Betriebsratswahlen

    Der Wahlvorstand beschließt die Teilnahme an der Wahlvorstandsschulung gem. § 20 (3) i.V.m. § 37 (6) BetrVG. § 20 Abs. 3 BetrVG normiert, dass die Kosten der Wahl vom Arbeitgeber zu tragen sind und ein Versäumnis von Arbeitszeit, zur Ausübung des Wahlrechts oder zur Betätigung im Wahlvorstand, nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts berechtigt.

     

  • Freistellung gem. § 19 und § 30 Mitarbeiter(-innen)vertretungsgesetz

    Mitglieder der Mitarbeiter(-innen)vertretung in kirchlichen Einrichtungen haben nach § 19 i.V.m. § 30 Mitarbeitervertretungsgesetz (MVG) bzw. nach vergleichbaren Regelungen, wie beispielsweise der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) Anspruch auf Arbeitsbefreiung für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen, die für die Arbeit der MAV erforderlich sind. Voraussetzung für die Teilnahme eines MAV-Mitgliedes ist ein Entsendungsbeschluss der Mitarbeiter(-innen)vertretung, aus dem die Erforderlichkeit der im Seminar vermittelten Kenntnisse hervorgeht. Die Freistellungsansprüche von MAV-Mitgliedern pro Amtszeit unterliegen je nach Freistellungsgrundlage unterschiedlichen zeitlichen Begrenzungen. Bitte ggf. bei den ver.di-Bezirken oder dem zuständigen ver.di-Fachbereich nachfragen.

     

  • Schwerbehindertenvertretungen

    Grundlage für die Freistellung von Mitgliedern der Schwerbehindertenvertretung sind die Bestimmungen des § 96 Abs. 4 und Abs. 8 des SGB IX. Danach sind Mitglieder der SBV ohne Minderung des Arbeitsentgeltes für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen freizustellen, soweit diese für die Arbeit erforderliche Kenntnisse vermitteln. Dies gilt auch für die mit der höchsten Stimmenzahl gewählten Stellvertreter/-innen. Vor Seminarbeginn ist dem Arbeitgeber rechtzeitig mitzuteilen, auf welcher Rechtsgrundlage welches Mitglied der Schwerbehindertenvertretung an welchem Seminar (wann, wo, Themen und Kosten) teilnehmen wird.

     

  • Gleichstellungsbeauftragte

    Eine gesetzlich geregelte Freistellungsgrundlage für Gleichstellungsbeauftragte und deren Stellvertreter/-innen existiert bisher nur im Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG). Hiernach muss gem. § 10 Abs. 5 die Gelegenheit zur Fortbildung insbes. im Gleichstellungsrecht und in Fragen des öffentlichen Dienst-, Personalvertretungs-, Organisations- und Haushaltsrechts gegeben sein. Das BGleiG gilt für alle Beschäftigten der unmittelbaren und mittelbaren Bundesverwaltung unabhängig von ihrer Rechtsform sowie in den Gerichten des Bundes. Zur Bundesverwaltung im Sinne des Gesetzes gehören auch die in bundeseigener Verwaltung geführten öffentlichen Unternehmen einschließlich sonstiger Betriebsverwaltungen. Ebenfalls sind auch in den meisten LPersVG Freistellungen expliziert genannt oder leiten sich daraus ab, dass ohne fachbezogene Schulungen eine effektive Aufgabenerfüllung nicht geleistet werden kann. Für Gleichstellungsbeauftragte in der Privatwirtschaft existiert eine Freistellungsregelung nur, wenn sie durch Betriebsvereinbarung geregelt wurde.

     

     

  • Sonderurlaubsverordnung für Beamte/-innen (SUrlV) § 7 Satz 1 Nr. 3

    Nach dieser Regelung haben Beamte/-innen sowie Angestellte und Arbeiter/-innen im Bereich des öffentlichen Dienstes und der Post- und Telekomunternehmen, die einen entsprechenden Verweis in ihren tarifvertraglichen Regelungen haben, Anspruch auf Freistellung bei Bildungsveranstaltungen, die von der Bundeszentrale für politische Bildung entsprechend dem § 7 der SUrlV als geeignet anerkannt worden sind. Die Dienststelle entscheidet über die Freistellung. Für Landesbehörden und Kommunen existieren durch die Ländergesetzgebung Unterschiede beim zeitlichen Anspruch.

     

Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber

Wenn der Arbeitgeber Einwendungen hat, sollte das Gremium an seiner Beschlussfassung festhalten. Der Beschluss kann nur durch Entscheidung eines Arbeitsgerichts aufgehoben ist. Wendet sich der Arbeitgeber gegen einen Beschluss des Betriebsrats, so muss er handeln. Er muss sich an das Arbeitsgericht wenden, wenn er die Erforderlichkeit in Frage stellt. Wenn die betrieblichen Notwendigkeiten aus seiner Sicht nicht ausreichend berücksichtigt wurden, muss er innerhalb von 14 Tagen die Einigungsstelle anrufen. Unterlässt er diese Schritte, kann das Mitglied des Gremiums an der Schulungsmaßnahme teilnehmen.

Verweigert die Dienststelle die Freistellung eines Personalratmitglieds, ist es Sache des Personalrats, eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung herbeizuführen, bei dringender Erforderlichkeit kommt auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht.

In Fällen der Ablehnung empfiehlt sich die Rücksprache mit dem/der zuständigen ver.di- Gewerkschaftssekretär/-in oder den Kollegen/-innen des durchführenden ver.di-Bildungszentrums.

 

 

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